Bremskraftverstärker und Hydraulikdruckspeicher prüfen
Autor: Tim A.

Wenn die Warnleuchte für den Hydraulikkreis (!) im Armaturenbrett begleitet von einem Piepston aufleuchtet, hat man es mit hoher Wahrscheinlichkeit mit zu geringem Vordruck im Bereich der hydraulischen Bremskraftunterstützung zu tun. Um andere Ursachen auszuschließen, sollten in so einem Fall zuerst der Hydraulikölstand (auch bei laufendem Motor!), der Bremsflüssigkeitsstand, sowie die Hydraulikpumpe und Druckleitungen auf Dichtheit geprüft werden. Sind diese Punkte ohne Befund, ist mit größter Wahrscheinlichkeit entweder der Druckspeicher (DS) oder der Bremskraftverstärker (BKV) defekt. Und wenn man richtig Pech hat, sind sogar beide Bauteile defekt.

Wie man das prüfen kann, wird hier erklärt werden. Ich verlinke dazu auf entsprechende Reparaturanleitungen, die an sich selbsterklärend sind. Ich möchte aber aus meiner Erfahrung heraus noch auf ein paar Fußangeln hinweisen, die in keinem Leitfaden stehen, die man aber kennen sollte, um nicht unnötig teure Bauteile auszutauschen.

Eines gleich vorweg: Der Druckspeicher lässt sich leider nicht ohne Spezialwerkzeug (Manometer) prüfen. Die vielfach betriebene Methode, das Bremspedal bei abgeschaltetem Motor so oft zu treten, bis das Pedalgefühl hart wird, ist untauglich. Bei einem neuwertigem Druckspeicher kann das Pedal deutlich schneller hart werden, als bei einem verschlissenem Speicher.

Grundsätzlich muss zuerst der Bremskraftverstärker auf Dichtheit geprüft werden. Dann erst - und nur wenn der BKV in Ordnung ist, kann der DS geprüft werden. Die Prüfung des BKV ist im Gegensatz zum DS vergleichsweise einfach durchzuführen und wird im folgenden Link beschrieben.

BKV-Prüfung:

http://www.lovania-it.de/audiv8/repleitfaden/site/b_site/rep-319_1.jpg

Dazu noch ein paar Dinge, die man wissen sollte:

- Der Abzweig am Sammelrücklauf, an den der Rücklauf des BKV angeschlossen ist, befindet sich am linken (Fahrerseite) Federdom.
- Die Prüfung sollte grundsätzlich bei Betriebstemperatur durchgeführt werden, weil Fehlfunktionen dann u.U. auffälliger sind.
- Der Motor sollte vor der Prüfung mindestens zwei Minuten mit leicht erhöhter Leerlaufdrehzahl laufen.
- Am Rücklauf des BKV darf nur tröpfchenweise Öl austreten. Rinnt, läuft oder spritzt dort Öl heraus, ist der BKV defekt. Ich habe das auf meinem Prüfstand mit einem intakten BKV getestet. Bei 150 bar Systemdruck kam alle 10 Sekunden ein Tröpfchen Öl an (etwas mehr ist auch nicht schlimm). Bei 140 bar Druck kam kein Öl mehr aus dem Rücklauf. Des Weiteren tritt bei jeder Betätigung des Bremspedals ca. ein Fingerhut voll Öl am Rücklauf aus, und zwar unabhängig davon, wie fest die Bremse getreten wird. Selbst wenn man das Pedal nur antippt, tritt diese Ölmenge aus.

>>ACHTUNG FUSSANGEL<<:
Diese Prüfung ist nur dann zuverlässig, wenn der DS noch ausreichend Restdruck hat. Hat der keinen oder nur sehr geringen Restdruck, kann es passieren, dass der Druck bei einem defektem BKV schon abgebaut ist, bevor man den Schlauch vom Anschluss des Sammelrücklaufs abgezogen hat. Dann tritt kein oder nur wenig Öl aus.
Um sicher zu gehen, dass der BKV wirklich dicht ist, sollte man die Prüfung also bei laufendem Motor wiederholen. Ein intakter BKV wird auch dann keine größere Ölmenge am Rücklauf aufweisen. Um bei laufendem Motor zu prüfen, muss der offene Anschluss am Anschluss des Sammelrücklaufs provisorisch (aber zuverlässig) verschlossen werden. Dann kann der Motor laufen gelassen werden, ohne dass es eine Schweinerei gibt. Läuft dann unaufhörlich Öl aus dem Rücklauf aus, ist der BKV defekt. Tritt nach ca. 2 Minuten Motorlauf kein oder nur tropfenweise Öl aus dem Rücklauf aus, ist der BKV in Ordnung.

Fazit: Wenn man nicht ganz sicher weiß, ob der DS noch intakt ist, muss der BKV entgegen der Reparaturanweisung zusätzlich bei laufendem Motor geprüft werden.

Druckspeicherprüfung:

http://www.lovania-it.de/audiv8/repleitfaden/site/b_site/rep-307_1.jpg
http://www.lovania-it.de/audiv8/repleitfaden/site/b_site/rep-308_1.jpg
http://www.lovania-it.de/audiv8/repleitfaden/site/b_site/rep-309_1.jpg
http://www.lovania-it.de/audiv8/repleitfaden/site/b_site/rep-310_1.jpg

Es gibt zwei sehr vage Möglichkeiten den Zustand eines DS ohne Manometer grob einzuschätzen.

1.Wenn man bei LAUFENDEM MOTOR die Bremse schnell aufeinanderfolgend betätigt (die Kraft spielt keine Rolle, nur die Frequenz ist wichtig, schnell muss es gehen), und die Warnlampe leuchtet nach einigen Tritten auf, stimmt definitiv etwas nicht. Es ist nämlich normalerweise nicht möglich, einen intakten DS bei laufendem Motor so weit leer zu bremsen, dass die Warnlampe aufleuchtet. Allerdings kann die Ursache für das Erscheinen der Warnung auch ein defekter BKV sein.

2. Eine weitere, etwas zuverlässigere Möglichkeit ist, das Niveau des Ölbehälters zu beurteilen.
- Dazu das Bremspedal bei abgestelltem Motor 100 mal betätigen (kein Witz! Je weniger Stickstoffdruck im DS enthalten ist, um so länger dauert es, bis alles Öl wieder ausgetreten ist).
- Den Ölstand jetzt auf maximal einstellen (absaugen oder auffüllen).
- Den Motor starten und nach ca. 2 Minuten Leerlauf den Ölstand erneut prüfen.
Je weiter der Pegel abgesunken ist, desto schlechter ist der Restdruck des Speichers. Bei einem Speicher mit sehr geringem Stickstoffdruck sinkt der Ölstand im Behälter dann bis Minimum oder noch weiter ab.
So kann man allerdings nur den Restdruck grob schätzen. Über die Funktion der Ventile gibt auch dieser Test leider keinen Aufschluss.

>>ACHTUNG FUSSANGEL<<:
Ist der Stickstoffdruck gleich Null, läuft der Speicher beim Treten der Bremse nicht mehr leer, weil kein Stickstoff mehr gegen das Öl drückt . Es gibt dann keine erkennbaren Schwankungen beim Ölstand. Ist also überhaupt keine Pegelveränderung erkennbar, ist das kein gutes Zeichen.

Diese Art der Prüfung scheint mir unter den DIY - Methoden aber dennoch als zuverlässigste, da sie zumindest bei noch vorhandenem Restdruck eine Tendenz liefern kann, selbst wenn der BKV defekt ist. Sie kann aber nur als grober Anhalt dienen, weitere Diagnose zu betreiben und grundsätzlich gilt:
Jede andere Art, als den Druckspeicher mit dem Manometer zu messen, ist unzuverlässig bis untauglich! Auch, wenn gerne anderes behauptet wird. Nur so kann sicher festgestellt werden, wie hoch genau der Stickstoffdruck wirklich ist und ob die Ventile im DS in Ordnung sind.

Man benötigt dazu ein Manometer bis min. 200 bar mit einer Anschlussleitung (ca. 50cm lang), die am Ende ein Gewinde M10 x 1 hat, das anstelle des Warnschalters in den BKV eingeschraubt wird.

Der Betriebsdruck des Druckspeichers liegt zwischen 140 und 158 bar. Überschreitet der Druck den Wert von 160 bar, würde ich ihn nicht weiter verwenden. Werden 140 bar nicht erreicht, ist die Fördermenge der Pumpe wie im Link beschrieben zu messen. Achtung: Der Druck wird aber u. U. auch dann nicht erreicht, wenn der BKV undicht ist.

Zum Messen der Pumpen-Fördermenge braucht man kein Sonderwerkzeug. Es reicht, den Rücklaufschlauch am Druckspeicher abzuziehen und die Fördermenge direkt am Druckspeicher zu ermitteln.
Wird die Fördermenge nicht erreicht, kann das an einer undichten (vorher prüfen!) oder defekten Pumpe oder an verlegten Siebschrauben liegen.

Schwankt der Abschaltdruck deutlich (etwa zwischen 140 und 155 bar) ist der Druckspeicher defekt.

Sinkt der Druck beim Test des Druckhalteventils unzulässig stark ab, kann das am Ventil selbst aber auch an einem undichten BKV liegen.

Fazit:
Grundsätzlich immer zuerst den BKV prüfen!
Ist der BKV undicht, ist es nicht möglich den Druckspeicher im eingebauten Zustand zu prüfen.

Man könnte nun auf die Idee kommen, die Rücklaufleitung aus dem BKV auszuschrauben und den Anschluss etwa mit einem passenden Entlüftungsnippel zu verschließen.
Nicht machen!
Der Druck wird trotzdem abgebaut, nur dass das Öl dann nicht mehr über den Rücklauf sondern Richtung Hauptbremszylinder abfließt, der dann ganz schnell und unweigerlich vom Hydrauliköl zerstört wird.

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