Bremssattel hinten überholen (+ Fotos)
Autor: Tim A.

Einseitig oder gar nicht wirkende Feststellbremsen haben ihre Ursache häufig in festsitzenden Exzenterwellen in den Bremssätteln. Man muss diese Sättel keinesfalls immer austauschen, man kann sie vielfach reparieren. Und darum geht´s hier. Ich weise darauf hin, dass Reparaturen an den Bremsen nur von Leuten durchgeführt werden sollen, die mit der Materie vertraut sind. Ich gebe keine Gewähr für die Richtigkeit meiner Angaben und jeder schraubt auf sein eigenes Risiko!
Die Bremsen sind beim 3,6 und 4,2 Liter identisch.
Den Aus -und Einbau eines Bremssattels sowie das Entlüften der Bremsanlage schenke ich mir hier, weil ich voraussetze, dass jeder, der diese Reparatur durchführt, mit diesen Arbeiten vertraut ist.

>>EDIT 05.06.05: Ich rate dringend dazu, ALLE Dichtungen im Rahmen einer Überholung zu erneuern. Im Originaldichtsatz (447 698 671) sind allerdings nur die Staubmanschette und der Rechteckring des Bremskolbens enthalten. Man sollte unbedingt den Simmerring des Bremshebels 15 x 24 x 7 (bei VAG unter der Nummer 085301227 als Getriebedichtring erhältlich) sowie den O-Ring der Kolbenstange (10 x 1,8) erneuern. Dieser O-Ring ist auf dem freien Markt allerdings schwer zu bekommen! Ich kann jedoch bei der Beschaffung vollständiger Dichtsätze behilflich sein. Der Einbau eines neuen Entlüftungsnippels (M10 x 1) rundet das ganze dann noch ab. EDIT<<

Wenn der Anlenkhebel bei gelöster Handbremse so aussieht ist was faul im Staate Dänemark. Die Welle des Feststellbremshebels im Bremssattel steht nicht in ihrer Ausgangsstellung.Um einwandfrei funktionieren zu können, muss die Welle nach dem Lösen wieder in ihre Nullstellung zurückgleiten- und zwar ohne Hilfe einer Wasserpumpenzange oder eines Hammers (bei einwandfreier Funktion gleitet der Hebel sogar ohne die Mithilfe der großen Feder wieder in seine Ausgangsstellung zurück)!
Um zu prüfen, ob der Fehler nicht an eingerosteten Feststellbremsseilen liegt, müssen diese nun aus den Bremshebeln ausgehängt werden. Gleitet der Hebel jetzt nicht schlagartig in seine Ruhestellung zurück sitzt er im Sattel fest. Der Bremssattel muss ausgebaut und überholt werden.
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An Material wird folgendes benötigt:
Folgende Teile sollten bei der Reparatur erneuert werden (der Simmerring ist nicht mit auf dem Bild!). Den O-Ring kann man notfalls nach dem Ausbau mit der Lupe betrachten. Nur wenn er gänzlich unbeschädigt ist und keinerlei Einlaufspuren aufweist, kann er weiterverwendet werden (ES IST IN JEDEM FALLE BESSER, IHN ZU ERNEUERN). Ferner braucht man Kupferpaste, 400er Schmirgelleinen (oder noch feiner), Bremszylinderpaste (z.B. ATE-Fett) für die Innereien der Bremse, sowie ein geeignetes Werkzeug (auch improvisiert) zum aus- und eindrehen des Kolbens.
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Man spannt den ausgebauten Sattel in den Schraubstock und bläst mit Druckluft über den Bremsschlauchanschluss den Kolben aus dem Sattel. Ein Stück Holz vor den Sattel halten, um zu verhindern, dass er gegen die andere Seite knallt. UND AUF KEINEN FALL DIE FINGER DAZWISCHEN HALTEN!
Wer keine Druckluft zur Verfügung hat muss den Kolben mi dem geeigneten Werkzeug ausschrauben.
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Den Kolben ausbauen, die Staubmanschette und den Rechteckring aus dem Zylinder nehmen. Jetzt sieht man folgendes Bild: Aus dem Federkäfig zeigt die Kolbenstange (mit Gewinde) heraus. Unten am Boden des Zylinders hält ein Sicherungsring die gesamte Mimik fest (die beiden Augen für die Zange habe ich markiert).
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Den Sicherungsring ausbauen. Dafür braucht man unbedingt eine gute Zange, sonst wird das nix, und die ganze Aktion ist ab hier zum Scheitern verurteilt! Aufpassen, dass der Ring nicht wegfliegt. Dann den Federkäfig mit der Feder herausnehmen. Danach die kleine Druckscheibe entfernen. Dann die Kolbenstange mit einer Zange herausziehen. Dabei kommt die Stützscheibe mit heraus. Ganz unten in der Tiefe befindet sich dann noch das Druckstück, das man auf den ersten Blick für einen Dreckklumpen halten kann. Das muss auch noch raus. Dann außen am Sattel die Rückholfeder des Anlenkhebels aushängen und die Anschlagschraube (SW10) herausschrauben. Jetzt die Welle, unter hin und her drehen aus dem Sattel hebeln. Die Teile sind hier in der Reihe des Ausbaues nummerriert, der spätere Wiedereinbau erfolgt in umgekehrter Reihenfolge!
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Die Welle wird wahrscheinlich so, oder so ähnlich aussehen. Die Ursache ist der undichte oder beschädigte Simmerring!
Also sauberkratzen und hinterher mit feinem Schmirgel behandeln
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Jetzt sollte die Welle ungefähr so aussehen.
Wenn man Ersatz hat, was in jedem Fall zu empfehlen ist, den alten Simmerring ausbauen.
Nun alles mit Spiritus pingelig säubern! Bis in die letzten Ecken mit Q-Tips und Pfeifenreinigern, egal wie, alles muss super sauber sein. Auch der obere Rand des Bremskolbens kann entrostet werden.

EDIT>> (Ein Zusatz von Roland W., danke dafür!): Was mir einfällt dazu, ist das man die Sitzfläche des kleinen O-Ringes im Bremssattelgehäuse penibel saubermachen muss, weil dadurch, das der Betätigungsstift sich nur minimal bewegt, sich vor und hinter dem O-Ring ein Rand aus Ablagerungen bildet, der wenn man Pech hat nur mechanisch zu entfernen ist.
Tut man das nicht, wird der neue O-Ring schon beim reinschieben beschädigt, was sich aber erst nach einigen tausend Kilometern unerfreulich bemerkbar macht.
Ich hab dazu nen Streifen Polierleinen zusammengerollt, in die Bohrmaschine gespannt und damit behutsam die Bohrung gesäubert.
Genauso kann man das auch in der Lagerung des Bremshebels machen, nur muss man hier sehr vorsichtig sein, denn hier ist ein Gleitlager eingepresst, das sehr schnell dabei sein Mass verliert. <
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Jetzt die Finger waschen und erstmal eine rauchen, oder so.
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Nun den neuen Simmerring einbauen (erneuert man den nicht, hat man große Chancen das ganz Spiel in Kürze noch einmal von vorne zu beginnen, ich weiß wovon ich rede!).
Danach die Handbremswelle leicht mit Kupferpaste benetzen, auch die Aufnahme für das kleine Druckstück.Die Welle wieder einbauen und mitsamt Schraube und Feder befestigen. Gegebenenfalls den O-Ring der Kolbenstange wechseln und die Stange komplett mit ATE-Fett einreiben. Mit einem kleinen Klecks Kupferpaste das kleine Druckstück (senkrecht) in die Kolbenstange "einkleben".
Nun, unter Einhaltung klinischer Sauberkeit, die Kolbenstange mit Gefühl in ihre Passung drücken, die Stützscheibe (die kleine Nase zeigt nach unten und muss in das Loch im Zylinder), die Druckscheibe und dann die Feder mit Federkäfig einsetzen. Die Feder muss nun mit Käfig gespannt werden. Ich habe dazu eine passende Schraubzwinge genommen und die Feder mit einem Stück Rohr (z.B. 18mm Kupferrohr) in entsprechender Länge durch den Bremssattel hindurch gespannt. Aufpassen, dass der Federkäfig unten richtig sitzt, sonst verbiegt er und man bekommt den Sicherungsring nicht herein.
Wenn die Feder gespannt ist, der Käfig unten richtig anliegt, den Sicherungsring einbauen- das ist ein wenig Gefummel. Wenn der Sicherungsring in seiner Nut sitzt (UNBEDING ÜBEPRÜFEN, OB ER WIRKLICH RICHTIG SITZT!!!!!!) hat man gewonnen! :-))
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Jetzt den Rechteckring einsetzen und Kolben und Zylinder mit Bremszylinderpaste einreiben. Die Staubmanschette zuerst halb über den Kolben stülpen und dann in ihre Nut imZylinder einbauen. Jetzt den Kolben auf die Kolbenstange SCHRAUBEN,(die Staubmanschette rutscht dabei von allein in ihre Kolbennut) und bis zum Ende hineindrehen.

Das war´s auch schon!
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Das ganze hört sich wild an, ist aber eigentlich kein Problem. Sauberkeit ist oberstes Gebot, ein klein wenig Geduld beim Sicherungsring und man hat für wenig Geld wieder zwei einwandfrei funktionierende Bremssattel. Gefundene Schreibfehler dürfen gerne behalten werden. Viel Erfolg und Spaß beim Schrauben. Beste Grüße Tim

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