Audi 200 20V: 50.000km und 2 Jahre - ein Bericht - www.AudiV8.com

Halli hallo,

klammheimlich, still und leise hat mein 20V gestern (ausnahmsweise mal ohne mich am Steuer) die 250.000km Marke überschritten - relativ genau zwei Jahre und 50tkm, nachdem ich ihn für den Alltagsbetrieb statt meinem V8 das erste Mal eingesetzt habe. Was waren das für zwei Jahre ...

Da war mal die Idee - haben tu ich die Kiste ja schon fast drei Jahre, aber ein halbes Jahr gabs mal nur Zoff mit der Versicherung, weil der Vorgänger die übers Ohr gehauen hatte. Da hieß es mal abwarten. Ach ja, aber die Idee: Da traf ich Ostern 2003 doch in München den Tim Rose mit seinem MTM 20V. Schon meinen 2. V8 4,2 besitzend war ich hin und weg von dem Teil - einfach was ganz anderes. Sowas wollte ich auch haben ... ist doch hübsch, so schnell mal einen 200er schießen, bisschen dran rumdrehen und fertig ist die Boden-Luft-Rakete. Ähem, Räusper, alle, die schonmal denselben Gedanken hatten lachen wohl gerade mal laut auf - zu Recht, wie sich schnell herausstellen sollte.

Also ich bin ja teure Reperaturen gewohnt - klar, teuer, teurer, sauteuer, Audi V8. Lästige Reperaturen bin ich auch gewohnt. Exotische Probleme - ja eigentlich auch. Da war ich doch wirklich hin und weg, als ich für keine 500.- EU dieses schlachtreife Teil TÜV-ready bekam. Das war ich echt nicht gewohnt. Nochn paar Hunderter und ein paar verschwitzte Stunden später funzte sogar wieder die Klima und das Kombiinstrument.

Ich weiß bis heute nicht, ob ich sagen soll "Guter Kauf" oder "Schlechter Kauf", "ist halt so bei alten Autos, v.a. solchen" oder "das war die schlimmste Grotte, die mir unterkommen konnte". Auf alle Fälle habe ich ihn äußerst günstig erstanden, so günstig, dass mir auch das "bisschen Flugrost auf den Bremsen" völlig egal war. Und auf alle Fälle so günstig, dass ich ihn viel zu lange behalten habe, um noch ohne wirtschaftlichen Totalschaden von der 20V-Idee abzuspringen. Was ich aber auch weiß, ist, dass ich trotz fünf Audis und vier Jahren V8-Fahren noch nie soviel Geld in ein einziges Fahrzeug investiert habe wie in diesem Fall. Und das war kein Lerchalschas - nein, es war die 9-fache Summe des Einkaufspreises :shock: ... jaja, so kanns einem gehen.

Aber was haben wir nicht alles erlebt! Mein erster Unfall, mein letzter Unfall, mein erster Getriebeausbau, mein letzter Getriebeausbau, meine erste Klimaneubefüllung, meine letzte Klimaneubefüllung ... und wo wir nicht überall waren! Österreich, Deutschland, Italien, Schweden, Dänemark, Norwegen ... wen wir nicht aller kennengelernt haben: Den Michael, den Sascha, den Rainer, den Thomas, den Jens, den Tim, den Wolfgang, den Werner, den Gregor - und noch soviele andere, die uns immer wieder aus dem Dreck gezogen, die Karre wieder flott gemacht oder einfach nur eine Menge Laune gemacht haben ...

... und was nicht alles hingeworden ist, wenn man es am wenigsten brauchen konnte (in halbwegs chronologischer Reihenfolge): Der Scheibenwischer, der Druckspeicher, die Klima, der Dachhimmel, die Bremsen sowieso, der Drucksensor, die Achsmanschette, der Keilriemen von der Lichtmaschine, die Lichtmaschine, die Radlager, die Stoßdämpfer, die Gummis, der eine Scheinwerfer, die Kupplung, die Schwungscheibe, das Getriebe (alles getrennt voneinander ...), der Lüfter, die Umluftklappe, die Temperaturklappe, der Lenkstockhebel, die Spritzwasserpumpe, der Temperatursensor, die Spritzwasserpumpenleitung, das Popoff, die Druckleitungen, der Luftfilterkasten, die Sommerreifen, nochmal die Sommerreifen, die Heckscheibenheizung, die Sitzheizung ... ach ja, die Stoßstange, der andere Scheinwerfer, der Kotflügel

, die Fahrertüröffnung innen, die Hupe, nochmal die Hupe, das Kombi, die Spritpumpe, der Starter, die Bremssättel, die Handbremse ... ich hör ja schon auf

Das einzige, was mich wirklich noch nie im Stich gelassen hat, das ist dieser Motor - dieses unzerstörbare Dings da. Mal vorausgesetzt die Sensoren arbeiten. Da kann der Wagen rundum brennen, der Motor machts - irgendwie. Da könnte man meinen, der ganze Wagen fällt auseinander, aber der Motor ... da klappert nix, da sabbert nix, da schwitzt nix, da verbrennt kein Öl, da ruckelt nix. Das läuft und läuft und läuft. Da bummst man mit Karacho in den Gegenverkehr - die Reibe stirbt nicht mal ab. Die Front sieht aus wie ein Bombeneinschlag, aber die Maschine läuft. Als bräuchte er kein Wasser, bräuchte er kein Öl, Hauptsache Luft zum komprimieren

Also wirklich, Hut ab.

Dann wollt ich ihn auch schon mal verkaufen - was heißt einmal. Jedesmal, wenn er mich wieder um einen 1000er erleichtert hat, wollt ich ihn einfach in die Tonne treten. Aber als er mich zuletzt wieder zwei solche Scheine gekostet hat, da war der Drang plötzlich weg. Ich weiß nicht, hab ich resigniert, kapituliert? Hab ich mich damit abgefunden, dass jeder Urlaub mit dem Wagen entweder vorher oder nachher halt einfach nochmal das doppelte vom Urlaub kostet? Aber jetzt möcht ich ihn nicht mehr hergeben, auf gar keinen Fall.

Nicht, dass er plötzlich besser dastünde als früher, ganz im Gegenteil. Noch nie war der Lack so matt, die Dellen so groß, die Scheiben so dreckig. Nicht, dass er plötzlich keine Mängel mehr hätte, iewo. Er wird mich auch nächstes Jahr wieder temporär finanziell ruinieren. Aber vielleicht ist es das endlich weich eingestellte Fahrwerk. Vielleicht ist es die Aussicht auf meine schönen 17"-BBS Felgen, ohne dass es mir das Kreuz abschlägt. Vielleicht ist es die so dringend notwendige Nebelscheinwerfer-Stoßstange, damit ein 20V so aussieht, dass er mir ehrlich gefällt. Vielleicht ist es der Umstand, dass ich endlich ohne Angst schalten kann (geht er rein, geht nicht rein?). Vielleicht die Aussicht, dass ich nochmal 50tkm später auch mal was anderes als die Originalsoftware drin hab oder beim obligatorischen 300tkm-"Motor überholen" Nägel mit (bearbeiteten) Köpfen mach. Vielleicht, dass ich aus dem zwei Jahre alten Golf der Familie nach meinem 16 Jahre alten 20V sehnsüchtig aussteige. Vielleicht sind es die vielen Dinge, die ich schon auf der Rückbank - ähem, gut, kommen wir zum Ende.

Es waren schöne zwei Jahre, es waren hasserfüllte zwei Jahre, es waren zwei Jahre voller Zuversicht (das noch und dann ist Ruhe ...), es waren zwei Jahre voller Reue, es waren zwei Jahre voller neidischer Blicke auf Automatik, acht Zylinder und Conolly-Leder, es waren zwei Jahre voller wahnsinniger Grimassen, wenn im 2. Gang die 2000upm überschritten wurden und das 5-Zylinder-Brummen mit dem Zisch plötzlich alles rechtfertigte. Es waren auf alle Fälle zwei Jahren und 50.000km, die ich keinesfalls missen möchte und in denen echt mal was passiert ist

In diesem Sinne wünsche ich allen auch in Zukunft eine gute Fahrt mit der Boden-Luft-Rakete und mir, dass ich sowas in zwei Jahren und 50tkm später nochmal schreiben kann - vielleicht dann schon mitm Chip

lG

Bastian

Das Buch zum Audi V8

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